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Kreistag 14.04.20212021-04-14

Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Ute Stolz zum Haushalt 2021

Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Ute Stolz zum Haushalt 2021

 

Dass ich erkenne, was die Welt /
Im Innersten zusammenhält ….

 

 

Sehr geehrter Herr Landrat,
lieber Manfred Poth,
verehrte Damen und Herren aus der Verwaltung,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,
sehr geehrte Leserinnen und Leser,

 

„Hab nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie!
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh‘ ich nun, ich armer Tor,
Und bin so klug als wie zuvor!“

 

So beginnt der berühmte Monolog des Fausts in Goethes gleichnamigen Meisterwerk. Aber keine Sorgen, ich möchte mich nun nicht in der Weltliteratur ergehen. Doch lese ich diese Worte, so sind sie für mich gerade wieder einmal aktueller denn je. Wir leben in einer unsicheren, für manche sogar beängstigenden Zeit. Meine Generation spürt zum ersten Mal Sorge vor dem Morgen, deutliche Einschränkungen im Alltag, muss sich mit persönlichen und gesellschaftlichen Grenzen auseinandersetzen. Was hilft da alle Wissenschaft? Wer hat die Lösung? Ist die Politik überhaupt noch in der Lage, diese Gesellschaft in eine Zukunft zu führen? Düstere Gedanken, aber Sie kennen mich. Darin will ich nicht verharren, werden wir als CDU im Kreistag Euskirchen nicht verharren.

Nein, auch wir haben nicht die allumfassende Antwort auf die Fragen, welche die Pandemie uns entgegenhält, aber wir stellen uns den Herausforderungen. Ich denke, die ersten Beweise haben wir geliefert. Die letzten Monate waren für uns neben allen inhaltlichen Aufgaben davon geprägt, nach der Kommunalwahl wieder handlungsfähig zu werden. Ein Kreistag muss sich konstituieren, die Fraktionen sich intern zusammenfinden und die Arbeit aufnehmen, ein (neues) Miteinander untereinander gestalten und natürlich das Verhältnis Landrat und Politik neu definieren. Hier hat uns der Wähler allen gemeinsam einen Auftrag erteilt und den haben wir von politischer Seite als CDU-Fraktion gemeinsam mit unseren Partnern in der bürgerlichen Liste, FDP und UWV, aktiv angenommen. Auch wenn es an der einen oder der anderen Stelle sicherlich noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt, so haben wir von unserer Seite die bislang sehr vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung fortgesetzt und gerne beziehen wir darin auch die Verwaltungsspitze ein, solange dies keine Einbahnstraße wird.

Inhaltlich haben wir unsere Schwerpunkte benannt und erste Schritte unternommen. Wir wissen alle, dass die Digitalisierung in allen Bereichen der Gesellschaft DAS Projekt der kommenden Jahre, wenn nicht Jahrzehnte sein wird. Dies gilt auch für eine Kreisverwaltung. Dabei können wir aber nicht dabei stehenbleiben, heutige Verfahren digital abzubilden, vielmehr müssen wir unsere Leistungen, unsere Arbeitsschritte näher betrachten und umfänglich auf den Prüfstand stellen. Nur so wird es uns gelingen, Verwaltungshandeln auch in Zukunft effektiv, ressourcen-schonend und bürgernah zu gestalten. Das ist für uns auch ein deutliches Zeichen an die junge Generation. Wir wollen Euch einen Kreis übergeben, der die richtigen Themen besetzt hat, aber auch unsere Daseinsvorsorge, unseren Alltag nach besten Kräften unterstützt, ohne die Lasten in Eure Genration zu verschieben. So steht über allem auch immer das Ziel, die finanzielle Belastung für den Kreis und damit für unsere kreisangehörigen Städte und Gemeinden in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Letztlich zahlen unsere Bürgerinnen und Bürger vor Ort über die steuerlichen Belastungen durch die Kommunen die Kreisumlage, so dass unser Handeln immer direkte finanzielle Auswirkungen für jeden Einzelnen mit sich bringt. Das dürfen wir nicht vergessen. So wollen wir den aus dem Jahresabschluss 2019 zu erwartenden Überschuss von etwa 10 Mio. dem nächsten Haushalt 2022 zuführen, um damit die Steigerung der Kreisumlage abzumildern. Auch beabsichtigen wir, in 2025 dafür zu optieren, dass die nunmehr abgesonderten Kosten für die Pandemie in einem vertretbaren Maße gegen das Eigenkapital gebucht werden und damit die zukünftigen Haushalte nur geringfügig belasten.

Der zu beschließende Haushalt 2021 ist geprägt durch Kontinuität in der Arbeit. Es wurden in der Vergangenheit viele Projekte und Maßnahmen angestoßen, die es weiterzuführen gilt. Dazu gehört für uns die Bewahrung der Schöpfung, unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Wer will bestreiten, dass die Klimaveränderung auch im Kreis Euskirchen angekommen ist? Wir leben in keiner Luftblase, auch wenn wir gerade im Südkreis oft noch nahezu unberührte Wälder, Gewässer und Freiflächen haben. Wir stehen zu unserem Klimaschutzkonzept und auch zum Klimafolgen-anpassungskonzept, das uns die Verwaltung vor kurzem vorgestellt hat. Umweltschutz muss Hand in Hand gehen mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Entwicklung. Er ist kein Zweck für sich und daher für uns auch immer mitzudenken. Dazu müssen wir der Verwaltung die entsprechenden Sachmittel und Personal zur Verfügung stellen. So werden wir die im Bereich Energieberatung vorgesehene Aufstockung um eine halbe Stelle mit einem Sperrvermerk versehen und diese für Aufgaben aus dem Klimafolgen-anpassungskonzept bereithalten. Dort muss eine Konkretisierung und Priorisierung von Maßnahmen erfolgen, die dann auch zeitnah in Angriff genommen werden müssen.

In den Haushaltsberatungen haben wir viele Fragen angesprochen und umfangreich diskutiert. Ich möchte diese aber nur stichwortartig aufführen, da wir sicherlich in den kommenden Wochen und Monate viele wieder aufgreifen werden:

  • Konkretisierung der Antragstellung zum Hybridcampus, um auch in einem Flächenkreis neue Ideen in der Wirtschaft und Gründer unterstützen zu können
  • Bessere Zusammenarbeit mit den Kommunen vor Ort für ein gemeinsames Touristikkonzept. Die Eifel wird immer stärker als Erholungsraum wahrgenommen.
  • Weitere Bemühungen zur Integration über Fachbereiche hinweg (Ausländeramt, KoBiZ etc.).
  • Personelle Verstärkung Immissionsschutz
  • Unterstützung Fachkräftegewinnung durch „Ausbildungsbeauftragten“ beim Jugendamt 

Über allem aber steht die Frage, wie gehen wir in den kommenden Monaten mit der Pandemie und ihren Folgen um? Derzeit beschäftigen wir uns seit über einem Jahr damit, dass wir die Verbreitung des Virus eingrenzen, das Gesundheitssystem vor Überlastung bewahren und die Bevölkerung über Testungen und Impfungen schützen. Hier ist in kürzester Zeit durch den Kreis eine Infrastruktur geschaffen worden, über die Entscheidungen getroffen und in konkretes Handeln umgesetzt werden kann. Dies ist mehr als beeindruckend und ich möchte den Verantwortlichen und allen haupt- wie ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Hochachtung und den großen Dank unserer Fraktion aussprechen. Wir haben eine Idee davon, was es heißt, oftmals Tag und Nacht an allen Tagen der Woche verfügbar zu sein; was es heißt, das Arbeitsfeld zu wechseln und im Krisenstab oder im Impfzentrum zu unterstützen, was es heißt, sich mit ständig neuen Vorgaben und der oft unhaltbaren Kritik der Öffentlichkeit auseinandersetzen zu müssen. Vielleicht würde uns allen an dieser Stelle etwas Demut und Respekt guttun und einfach auch einmal darauf vertrauen, dass unsere Kreisverwaltung mit allen Hilfsdiensten, Feuerwehren etc. diese Aufgabe mit hohem Engagement und absoluter Fachlichkeit bewältigt. Ja, dann kann auch mal ein Fehler passieren, wie vergangenen Freitag, als Impfstoff unbrauchbar zu werden drohte. Das ist menschlich und kein strukturelles Versagen.

Wir sind froh, dass wir mit der Eifelhöhenklinik über eine Einrichtung verfügen, die uns in den letzten Monaten viele Optionen und Sicherheit als räumliche „Reserve“ für den Notfall geboten hat. Wenn ich höre, dass in anderen Kommunen Impfvorgänge manchmal bis zu zwei Stunden dauern und bei uns die Menschen teilweise nach 20 Minuten schon wieder heimfahren können, dann bin ich stolz darauf, dass wir letztes Jahr die Entscheidung für die Anmietung getroffen haben und inzwischen die Mehrheiten hier im Kreistag deutlicher geworden sind. Herr Landrat, wenn es um die Gesundheit und die Sicherheit der Menschen im Kreis Euskirchen geht, haben Sie uns immer an Ihrer Seite!

Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass es einen Weg aus dieser Pandemie geben muss. Wir haben einige gesellschaftliche und wirtschaftliche wie kulturelle Bereiche mehr als an ihre Grenzen gebracht. Wie werden die Kinder der Pandemie später einmal reagieren? Müssen wir mit steigenden psychischen Erkrankungen rechnen? Bleibt die Bildung auf der Strecke? Was ist mit häuslicher Gewalt? Was kommt auf die Jugendämter und Beratungsstellen zu? Welche Betriebe müssen schließen? Wo werden Menschen finanziell nicht mehr zurechtkommen? Gibt es zukünftig noch Theater, Kinos und Konzerte? Laufen den Vereinen die Mitglieder weg?

Ich zitiere nochmals Faust:

Dass ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält ….

Das wird die Aufgabe für uns als Politik sein. Wir müssen danach suchen, wie wir den Menschen helfen, die in eine Schieflage geraten sind, und unsere Gemeinschaften stärken. So ist auch unsere Bewerbung um die Anerkennung als Modellkommune beim Land zu verstehen, die der Landrat dankenswerterweise sehr kurzfristig aufgenommen und umgesetzt hat. Auch wenn wir im ersten Schritt nicht zum Zuge gekommen sind, so haben wir doch sehr deutlich wahrgenommen, dass die Menschen hier im Kreis auf ein solches Signal warten und wissen wollen, wie es weitergeht. Dazu werden wir auch weiterhin nach Lösungen suchen. Das geht nur durch gemeinsames Handeln von Politik und Verwaltung.

Damit auch dies in Zukunft gewährleistet ist, werden wir in dieser Kreistagssitzung neben der inhaltlichen Weichenstellung über den Haushalt auch eine wichtige personelle Entscheidung treffen. Auch wenn ich mir eine Kreisverwaltung ohne Manfred Poth nicht vorstellen kann, so darf auch er irgendwann einmal in den Ruhestand gehen. Hoffentlich finden wir einen angemessenen Rahmen, uns vorher von Dir, lieber Manfred Poth, zu verabschieden und Dir unsere guten Wünsche in unterschiedlicher Form mit auf den Weg zu geben.

Ich bin dankbar und auch ein wenig stolz, dass es uns als CDU-Fraktion gemeinsam mit unseren Listenpartnern gelungen ist, mit Achim Blindert einen Nachfolger zu gewinnen, der die menschlichen und fachlichen Voraussetzungen für die Position des allgemeinen Vertreters mitbringt. Darüber hinaus freue ich mich, dass auch SPD und Bündnis 90/Die Grünen diesen Personalvorschlag aktiv unterstützen und ich weiß, dass auch der Landrat diese Nachfolgeregelung aus dem eigenen Haus begrüßt.

Die Kreisverwaltung ist ein gut bestelltes Haus. Dies haben wir nicht zuletzt auch bei unseren Haushaltsberatungen erfahren. Ausdrücklich sagen wir daher Dankeschön an alle Geschäftsbereiche und Abteilungen, die uns fachlich unterstützt haben. Es ist wohltuend, in Diskussionen einzusteigen, bei denen es den Fachleuten der Verwaltung immer wieder gelingt, uns auf Ballhöhe zu bringen und auf Augenhöhe zu begegnen.

Zufrieden und dankbar für das, was uns in den letzten Monaten gelungen ist, setzen wir auch im Haushaltsjahr 2021 alle Kräfte unserer Fraktion ein, damit der Kreis Euskirchen weiterhin eine attraktive Heimat für unsere Bürgerinnen und Bürger sein wird.

 

Ute Stolz
(CDU-Fraktionsvorsitzende)