Der Große beschützt den Kleinen -
Schwierige Zeiten brauchen Solidarität
Liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,
sehr geehrter Herr Landrat, lieber Achim Blindert
und liebes Kollegium der Verwaltung,
verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Öffentlichkeit, vor allem der Presse!
Kinder brauchen in ihren frühen Jahren einfache Zeichen der Orientierung. Eines ist mir sehr gut in der Erinnerung geblieben: (Pfadfinderzeichen)
Sie werden sich fragen, was das bedeutet – insofern Sie nicht selber Teil der Pfadfinder waren: Der Große beschützt den Kleinen, dafür stehen Daumen und kleiner Finger und dazwischen befinden sich drei Werte, die vielleicht heute ein wenig altmodisch klingen, aber sind sie nicht aktueller denn je?
Gott, Heimat und Familie!
Keine Sorge, es wird jetzt nicht pathetisch – das überlasse ich einer anderen Fraktion, die darin inzwischen ihre Hauptargumentationslinie gefunden hat – auch nicht nationalistisch. Den Vergleich dazu spare ich mir. Ich möchte diese drei Schutzgüter übersetzen: Werte und Schöpfung, Gesellschaft und Miteinander!
Sind wir nicht aus diesem Grund als Politik angetreten, um genau dafür einzustehen? Hierfür muss man nicht wie meine Fraktion das „C“ im Namen tragen. Dazu passen auch viele anderen Attribute: frei, unabhängig, sozial, grün-bunt ….
Wenn es also um den Haushalt 2023 des Kreises Euskirchen geht und damit, wonach wir unsere Politik in diesem Jahr ausrichten wollen, dann sind es genau diese drei Schwerpunkte:
1. Schöpfung und Nachhaltigkeit
Wir stehen für unsere Lebensgrundlagen ein. Jeder von uns weiß, dass wir der Natur vieles zurückgeben müssen, was wir ihr in den letzten Jahrzehnten geraubt haben. Ich muss Ihnen die Maßnahmen und Förderprogramme nicht nennen, die wir auf Initiative unserer Gestaltungsmehrheit hier im Kreis in den letzten Monaten auf den Weg gebracht haben: „Resiliente Regionen“, „Land4Climate“ und nicht zuletzt die Klimaschutzkoordinatoren, die zukünftig eine Schnittstelle zu den Städten und Gemeinden darstellen, was mich besonders freut. Nur gemeinsam werden wir die Herausforderungen angehen können.
Zur Nachhaltigkeit gehört aber auch, dass wir die finanziellen Ressourcen generationengerecht und maßvoll einsetzen. Heute Wohltaten zu verteilen, die unsere zukünftigen Generationen abbezahlen müssen, halte ich für einen unverantwortlichen Weg. Daher haben wir uns viele Haushaltspositionen angeschaut, ganz besonders natürlich den Stellenplan und werden nicht alles abnicken, was vielleicht wünschenswert erscheint. Wer wie ich bereits einige Jahrzehnte Kommunalpolitik macht, weiß noch um Jahre, in denen wir hart um jede 1.000 € gerungen haben. Das scheint heute alles keine Rolle mehr zu spielen, schauen wir auch auf gute Jahre zurück, in denen die kreisangehörigen Kommunen üppige Steuereinnahmen und Zuweisungen verbuchen konnten. Doch wir stehen an einem Wendepunkt. Was Corona und die Flut nicht geschafft haben, das scheinen die Energiekrise und der Fachkräftemangel zu schaffen: Steigende Inflation, drohender Rückgang der Wirtschaftskraft – wir werden den Gürtel wieder enger schnallen müssen.
Die Personalkosten steigen durch gute Tarifabschlüsse, die der Inflation geschuldet sind, und wir wissen nicht, wie hoch die Sozialhaushalte in den kommenden Monaten belastet werden. Es ist der Blick in die Glaskugel und ich beneide den Abteilungsleiter nicht darum, einen Bereich organisieren zu müssen, für den es deutlich mehr Unbekannte als Gleichungen gibt. In einer nicht nachvollziehbaren Hau-Ruck-Aktion wird vom Bund das neue Bürgergeld durchgepeitscht, so dass weder die Software für die Berechnung noch die Schulung der Mitarbeitenden zeitgerecht aktualisiert werden können. Da macht es schnell mal „Wumms“, aber nicht an der richtigen Stelle. Ich möchte mich nicht – wie so oft mein lieber Kollege Grutke – dazu verleiten lassen, in die Bundespolitik abzuschweifen. Aber wo bleibt bitte das Augenmaß, wenn solche Neuerungen beschlossen werden, nachdem auch eine Kreisverwaltung und ein JobCenter durch eine Pandemie mussten, hier bei uns eine Naturkatastrophe durchlebt haben und sich einem Zustrom ukrainischer Leistungsberechtigter ausgesetzt sehen? Auffangen müssen wir das dann wieder vor Ort.
Mit den zukünftig geringer werdenden Mitteln können wir als CDU Fraktion umgehen und werden dort investieren, wo es sinnvoll ist und eine Rendite für die Zukunft bringt wie in Radwege oder digitale Infrastruktur. Bei der Digitalisierung muss vor allem in der Kreisverwaltung noch einiges passieren und dies wird hoffentlich dazu führen, dass viele Prozesse automatisiert werden können, um so wertvolle Arbeitskraft einzusparen, die der Markt nicht mehr hergibt.
Wir tragen die Nachbesserung der Verwaltung im Haushalt mit, eine Gehaltssteigerung von 8 % einzupreisen. Damit nehmen wir erhebliche Risiken aus dem Haushalt, die wir durch die Überschüsse aus den letzten Jahren kompensieren können, um die Städte und Gemeinden nicht noch mehr zu belasten.
Durch das hartnäckige Verhandeln auch einer CDU-Fraktion im LVR werden wir übermorgen eine Senkung der Landschaftsumlage auf nunmehr 15,30 %-Punkte beschließen können. Dies bringt unserem Kreishaushalt eine zusätzliche Ersparnis in Höhe von 1,27 Millionen Euro gegenüber dem Haushaltsansatz.
2. Gesellschaft
Wir zehren noch von den vielen positiven Beispielen des gesellschaftlichen Zusammenhalts in der Krise. Wir wissen aber auch, dass wir dies als öffentliche Hand begleiten und unterstützen müssen. Daher sagen wir JA zu einem weiteren Ausbau des Bevölkerungsschutzes. Schon in 2022 haben wir den Antrag eingebracht, 500.000 € für den Bevölkerungsschutz als zusätzliche freiwillige Leistung zur Verfügung zu stellen und in 2023 legen wir nochmals 500.000 € drauf. An diesen Haushaltsmitteln sollen auch die Träger des Katastrophenschutzes wie DRK, Malteser, DLRG, THW und Feuerwehr partizipieren, die uns mit ihrem Material und ihrem oft ehrenamtlichen Personal den Rücken frei halten. Wir sagen aber auch JA zu einer Umgestaltung des Rettungsdienstes und einer personellen Verankerung des Bevölkerungsschutz in der Abteilung Gefahrenabwehr. Damit werden nach der Leitstelle zwei weitere Bereiche grundlegend neu geordnet und die Verantwortung wird auf weitere Schultern verteilt. Wir haben in diesem Jahr gesehen, dass unsere ausführlichen Beratungen im letzten Jahr zur Leitstelle das Selbstbewusstsein dieser Abteilung gestärkt hat, die für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger unverzichtbar ist. Unsere Fraktion interessiert sich für das, was dort passiert und wir stellen gerne die notwendigen Mittel zur Verfügung, wenn wir wie jetzt davon überzeugt sind.
Wie schon erwähnt, profitieren wir gesellschaftlich erheblich vom Ehrenamt. Aus diesem Grund hatten wir 2017 einen Antrag gestellt zur Stärkung des Ehrenamtes in der nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr. Daraus wurden in der Folge zwei Stellen „Hauptamt stärkt Ehrenamt“, zuerst bei der Wirtschaftsförderung angesiedelt, dann direkt dem Landrat unterstellt, einer seiner ersten organisatorischen Personalmaßnahmen. Diese sollen nunmehr verstetigt werden, eine direkt über den Stellenplan, für die andere will man zumindest eine Fördermöglichkeit prüfen. Wir denken, in schwierigen Zeiten sollten wir uns auf eine Stelle begrenzen und dazu Fördermittel einsetzen. Scheinbar hat unser Landrat vor lauter Freude, dass diese Stellen nun direkt für seine Aktivitäten im Zugriff sind, vergessen, dass wir ihm bereits im Sommer 2022 den Auftrag erteilt haben (V272/2022), Fördermittel heranzuziehen und zu schauen, wie die Stelle dauerhaft fortgeführt werden kann. Eine Übernahme auf Kosten des Kreises ist nicht nur phantasielos, sondern ignorant dem politischen Auftrag gegenüber. Mit einer Verlängerung eines Zeitvertrages geben wir Ihnen, Herrn Landrat, daher die Möglichkeit, uns unter Aktualisierung der Info 417/2019 einen Plan darzulegen, wie die Stelle der Ehrenamtsförderung zukünftig ausgestaltet werden soll. Vielleicht findet sie auch eine passendere „Heimat“ in der neu aufgestellten Abteilung Gefahrenabwehr.
Ehe diese Haltung wieder zur emotionalen Mythenbildung missbraucht wird: Wir stehen als Fraktion geschlossen hinter jeder Art von ehrenamtlichen Engagement und ich wage zu behaupten, dass alle meine Kolleginnen und Kollegen vor Ort selber über die Politik hinaus in Vereinen, Verbänden, Gefahrenabwehr etc. eingebunden sind. Aber zu viel Hauptamt hilft dem Ehrenamt wenig. Positive Öffentlichkeitsarbeit wie das Ehrenamt des Monats ist zu begrüßen, auch wenn wir uns manchmal wundern, wo die Schwerpunkte des Ehrenamtes in unserem Kreis wohl offensichtlich liegen.
3. Familie und Zusammenhalt vor Ort
Schließlich geht es um die kleinsten Einheiten unserer Gesellschaft, die zu schützen sind: Die Familien. Ganz konkret habe ich dabei die Familien mit jüngeren Kindern vor Augen, den Kindern in den KiTas.
Was haben wir in den letzten Wochen gerungen, und ich kann mit großem Stolz sagen, dass es uns gelungen ist, eine sozial gerechte Lösung für die neue Beitragssatzung des KiTa-Jahres 2023/2024 zu finden. Dazu vorab ein herzliches Dankeschön an die „KiTa-Koalition“, bestehend aus Bündnis 90/Die Grünen, FDP, UWV und CDU. Es war ein hartes Verhandeln um die beste Lösung, aber die vielen Telefonate, Mails und Gespräche haben sich gelohnt. Das war ein demokratisches Meisterstück und wenn sich jemand nicht eingebunden fühlt, so gebe ich zu bedenken, dass eine Telefonleitung zwei Enden hat, an denen man zum Hörer greifen kann und meine Handy-Nummer für eine kurze WhatsApp doch bekannt sein dürfte. Ansonsten kann aber auch unsere Geschäftsstelle immer gerne weiterhelfen.
Am Beispiel der Elternbeiträge möchte ich gerne den Kreis zur Nachhaltigkeit und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt schließen. Es kann nicht angehen, dass eine alleinerziehende Mutter mit einem kleinen Kind, die unter der aktuellen Einkommensgrenze von 37.000 € liegt, am Ende des Tages den KiTa-Beitrag für unseren Landrat oder den Bürgermeister von Schleiden zahlt. So einfach ist nämlich die Rechnung: Entlastung aller, auch der Gutverdienenden, durch Streichung des Beitrages führt zu einer höheren Belastung der Kreisumlage und damit zum Druck auf die Kommunen, ihre Einnahmen zu erhöhen. Das geht vor allem über die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B. Die Gewerbesteuer verteuert die Produkte, die unsere Alleinerziehende erwirbt, und die Grundsteuer B wird an sie über die Nebenkosten zur Miete durchgereicht. Das soll sozial sein? Ich habe es bis heute nicht verstanden.
Ich glaube, es gibt wenige Vorlagen der Verwaltung wie diese V385/2023, die so wenig Zustimmung in der Politik gefunden haben, nämlich nur bei SPD und AfD. Ein letzter Satz noch dazu: Herr Landrat, wenn wir die Verwaltung um Informationen bitten, die uns aber nicht erteilt werden können, die ich aber dann in der Zeitung nachlesen kann, dann stimmt irgendetwas nicht im Verständnis von Verwaltung zur Politik. Vielleicht denken Sie darüber einmal nach. Wenn das Ihr Verständnis vom Umgang mit dem Ehrenamt in der Politik ist, müssen wir wohl doch weitere Ehrenamtsbeauftragte einstellen.
Unser Kreis Euskirchen hat Potential, er hat eine Verwaltung, die in den letzten Jahren viel geleistet und nach vorne gebracht hat. Er hat eine durch die CDU maßgeblich bestimmte Politik, die seit Jahren für Verlässlichkeit, Solidarität und Zukunftsfähigkeit steht. Diese Größe verpflichtet uns, all diejenigen zu schützen, für die wir verantwortlich sind, für die Städte und Gemeinden und für unsere Bürgerinnen und Bürger.
Ausdrücklich möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen der Fraktion, in der Geschäftsstelle und auch bei unseren Listenpartnern bedanken. Euer Engagement, Eure Kompromissfähigkeit, Loyalität und Euer Ideenreichtum haben diese Haushaltsberatungen, die wir erstmalig wieder komplett in Präsenz durchführen konnten, geprägt. Wir wissen auch, was wir der Verwaltung abverlangt haben, die uns wie immer hervorragend begleitet hat trotz Krankheiten, Arbeitsverdichtung und vieler Stunden Beratungen bis in den späten Abend oder am Wochenende. Ich bin inzwischen auch in anderer Funktion viel im Land unterwegs und lerne Verwaltungen kennen. Diese Kreisverwaltung hat – bis jetzt - eine Kultur im Umgang mit Politik aber auch Kooperationspartnern, die von Vertrauen und Achtung geprägt ist. Auch das gehört mit zu einem guten gesellschaftlichen Zusammenhang.
So verabschiede ich mich bei Ihnen mit dem Pfadfindergruß, damit wir nicht vergessen, was unsere Aufgabe ist.
Ute Stolz
(Fraktionsvorsitzende CDU-Kreistagsfraktion)
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